Die Planung und der Bau des Eigenheims sind mit viel Aufwand, Arbeit und Stress verbunden. Da ist es umso wichtiger, zwischendrin auch mal Fünfe grade sein zu lassen. Einen willkommenen Anlass dafür bietet etwa das Richtfest, das gefeiert wird, wenn der Rohbau eines Gebäudes fertiggestellt und der Dachstuhl errichtet ist. Da es auch Häuser ohne Dachstuhl gibt, wird in einem solchen Fall übrigens das Deckenfest begangen. Doch was gehört zu einem ordentlichen Richtfest alles dazu, damit sich alle Beteiligten an diesem Tag für ihre Mühen belohnen – und damit alle auch weiterhin motiviert sind, die Errichtung des Hauses bis zum Schluss mit aller Energie und Genauigkeit voranzutreiben? Die erste und wichtigste Regel dafür lautet, dass das Richtfest unbedingt direkt auf der Baustelle stattfinden muss, und natürlich während der Arbeitszeit. Damit ist gewährleistet, dass alle beteiligten Menschen teilnehmen können. Bevor es losgeht, muss man als Bauherr dafür sorgen, dass das Dach mit einem so genannten Richtkranz versehen wird. Ist das der Fall, so steht es üblicherweise dem Polier oder einem der Zimmermänner zu, den Richtspruch oder Zimmermannsspruch auszubringen. Dabei wird dem Bauherrn bzw. dem Architekten gedankt, außerdem erbittet man um höheren Segen für das noch fertigzustellende Haus.
Ausgestattet mit einem Glas Schnaps oder Wein, trinkt der Redner dann das Glas leer (zum Wohle der Hausbesitzer) und wirft es vom Dach aus auf den Boden. Entscheidend bei dieser rituellen Handlung ist, ob das Glas dabei zerspringt oder nicht. Zersplittert es in Scherben, so deutet man das als ein gutes Omen – bleibt es dagegen heil, so wird das als schlechtes Zeichen gesehen. Außerdem sorgt das dafür, dass der Werfer des Glases jede Menge Spott abbekommt. Jetzt kann das eigentliche Fest beginnen, wobei der Bauherr als Ausrichter dafür sorgen muss, dass alle Handwerker und Beteiligten genügend zu essen und zu trinken bekommen. Das nennt man dann den Richtschmaus. Vorher jedoch muss der Bauherr einer alten Tradition folgend aber noch symbolisch einen Nagel einschlagen.
Üblicherweise lädt man als Bauherr auch Verwandte, Freunde und alle, die mit der Baustelle in Verbindung stehen, zum Richtfest ein, schließlich möchte man den Fortschritt des Baus vorzeigen. Das Richtfest hat eine lange Tradition, das Ausgeben von Speisen und Getränken rührt übrigens daher, dass es im 15. und 16. Jahrhundert durchaus üblich war, die Arbeiter unter anderem dadurch zu entlohnen. Nachgewiesen ist außerdem, dass es schon im 14. Jahrhundert üblich war, Richtfeste zu begehen.